Seit Oktober 2023 unterrichtet Ronny Klose an der deutschen Schule in Kyiv. Das erste Gespräch veröffentlichten wir auf dieser Plattform am 16. November 2023. Ab dem nächsten Schuljahr wird Ronny Klose seine Arbeit an der deutschen Schule von Deutschland aus online fortsetzen.
Im Gespräch zieht Klose ein erstes vorsichtiges persönliches Resümee seiner Zeit in der Ukraine und beschreibt die Furcht, der er in Kyiv am eigenen Leibe begegnet ist, die er aber auch jeden Morgen in den Gesichtern der Kinder und der Jugendlichen in seiner Klasse gesehen hat.

Zur Notenkonferenz festlich gekleidet: Ronny Klose im Wyschywanka-Hemd vor der Deutschen Schule in Kyiv, 18. Juni 2025
Im politischen Teil des Gesprächs erwähnt Klose die vollmundige Ankündigung des Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, den Krieg in der Ukraine in 24 Stunden zu beenden. Nun ist der Krieg nicht nur nicht beendet worden, sondern hat sich, wie Klose berichtet, sogar intensiviert. Gerade in der vorletzten Nacht (16. auf den 17. Juni 2025) sind bei Raketenangriffen in Kyiv 21 Menschen getötet und 134 verletzt worden. Aber auch vom neugewählten Papst Leo ist die Bevölkerung in der Ukraine enttäuscht. Zwar wurde Präsident Selenskyj umgehend von Leo empfangen, seither vermisst die Ukraine aber konkrete Fortschritte.
Ronny Klose berichtet, wie er den botanischen Garten und den Zoo in Kyiv als Oasen entdeckt hat. Die Natur, konkret die Tiere, erlebt Klose bei diesen Besuchen als Ausgleich und auch als Hoffnung. Klose zitiert hier Mahatma Ghandhi (1869-1948), der feststellte, dass man den moralischen Status einer Gesellschaft an ihrem Umgang mit den Tieren erkenne.
Weitere Themen sind Susan Sontags (1933-2004) Buch «Das Leiden anderer betrachten» und die Frage, ob ein Krieg in seiner Menschenverachtung auch Empathie und Mitleidensfähigkeit befördere. Weiter diskutieren Andreas Brenner und Ronny Klose Michael Walzers (* 1935) Buch „Just and unjust wars“ und die Frage nach der Bedeutung des Pazifismus.
Zum Abschluss plädiert Klose für die Stärkung der Kultur. Klose berichtet von Kulturbegegnungen in der kulturell reichen Ukraine und erwähnt auch das Theaterstück, das er gerade veröffentlicht hat und indem er sich mit den Erlebnissen der Kriegszeit auseinandersetzt. Kultur, das sind aber auch die kleinen Gesten, beispielsweise auch das Wyschywanka-Hemd, das als Geste der Verbundenheit gilt.
Hiermit enden die regelmässigen Gespräche aus Kyiv. Im Oktober oder im Dezember wird Herr Klose nochmals in Kyiv sein und Andreas Brenner und Ronny Klose werden nochmals ein Gespräch aus der ukrainischen Hauptstadt senden.